„Komm, mein Mädchen, du schaffst das! Ich glaub an dich! Ja, ja… Gut machst du das! Los, noch ’n Stück!“ – Hättest du mich letzte Woche beim Nähen meiner Kurventasche von farbenmix gesehen, hättest du garantiert einen Lachanfall bekommen. Mit Schweißperlen auf der Stirn und gerauften Haaren habe ich meiner Nähmaschine gut zugeredet, sie angefeuert, gelobt und getätschelt. Tatsächlich haben wir es dann auch geschafft: Mit vereinten Kräften haben wir die dicke Suppe ausgelöffelt, die ich uns eingebrockt habe: H 640 auf den festen Taschenstoff Rom plus S 320 auf den Innenstoff. Was um Himmelswissen hat mich da bloß geritten?
Der Traum von der formstabilen Tasche – Was sonst!? Dieses Ziel habe ich diesmal absolut erreicht. Keine Frage. Alle Fotos, die du hier siehst, habe ich komplett ohne Inhalt gemacht. Meine Kurventasche steht von ganz alleine so. Selbst wenn ich eine volle Wasserflasche quer in die Tasche hineinlege, siehst du kaum eine Beule. Fantastisch! So hab ich mir das vorgestellt!
Vergessen sind alle Mühen und die Momente, wo ich sie fast zum Fenster rausgeworfen hätte. Das Ergebnis überzeugt – zu 100 Prozent. Ich liebe den kurvigen Schnitt, den innenliegenden Reißverschluss, die Farbkombi und finde auch die Größe perfekt. Nicht zu klein und nicht zu groß. Definitiv der Beginn einer ganz großen Taschenliebe!
Um mir das Nähen zu erleichtern, würde ich das Maß der Verstärkung bei der nächsten aber doch wieder etwas herunterschrauben. Mit etwas weniger Volumenvlies hätte die Kurventasche bestimmt immer noch einen sehr guten Stand. Dafür sorgt ja schon der tolle Taschenstoff Rom, den ich hier in Petrol vernäht habe. Nach dem Motto „Viel hilft viel“ habe ich sogar die vier Blendenstreifen und die zwei Ansatzstreifen mit H 640 bebügelt! Ja, diesmal wollt‘ ich’s wirklich wissen.
Der grün-blaue Blumenstoff „After Rain“ ist ein Schatz von Hamburger Liebe. Ich hüte ihn seit drei Jahren und bedaure sehr, dass er schon lange nicht mehr erhältlich ist. Zum Glück habe ich noch einen kleinen Vorrat. Für mich ist die ganze Kollektion „Happy“ von 2013 die schönste, stimmigste und vielseitigste von Hamburger Liebe. Ich habe mir damals viele Stoffe aus der Kollektion geleistet, und es ist fast nichts mehr übrig davon. Deshalb finde ich es toll, dass ein paar Happy-Stoffe in diesem Sommer neuaufgelegt werden, wenn auch Puder-Marine nicht so ganz meinem Farbgeschmack entspricht.
Mit der Nähanleitung bin ich sehr gut zurechtgekommen. Ich finde, sie ist sehr verständlich und gut bebildert. Der kniffeligste Moment war für mich das Einnähen des Seitenteils oben, wo Vorder- und Rückseite zusammentreffen. Um diese enge Haarnadel-Kurve zu meistern und den ganzen Seitenstreifen gut unterzubringen, braucht’s ein bisschen Übung und Erfahrung. Ganz wichtig ist, dass du Knipse in die Rundung einschneidest – und zwar oben in den Taschenstoff und unten bei den normalen Viertel-Kurven ins Seitenteil. So steht’s auch in der Anleitung.
Ich finde es außerdem sehr hilfreich, den Seitenstreifen in Etappen anzunähen: erst mal die geraden Seiten und die einfachen Viertel-Kurven. Wenn diese Partien schon mal geschlossen sind, fällt es leichter, oben die engen Kurven zu stecken und zu nähen. Lustigerweise war es viel entspannter, die Außentasche zusammenzunähen als die Innentasche. Ich dachte ja, wegen des dickes H 640 würde ich beim Zusammennähen der Außenstoffe fluchen wie ein Rohrspatz, aber tatsächlich waren die Innenstoffe mit der steifen Schabrackeneinlage S 320 viel gemeiner. Da half an den Haarnadel-Kurven auch nur, vor dem Nähen mit ein paar Handstichen zu heften. Sonst hätte ich den Seitenstreifen beim besten Willen nicht reinbekommen.
Das sind übrigens grundsätzlich meinen 2 goldenen Tipps für schwierige Stellen:
1. In Etappen nähen!
Ruhig auch mal die Nährichtung ändern. Vielleicht näht es sich besser, wenn du das Stück drehst! Du musst nicht auf Gedeih und Verderb in einem Zug durchnähen. Vor schwierigen Stellen oder wenn du merkst, das wird so nix, solltest du anhalten, die Naht verriegeln, dein Nähstück unter der Maschine wegnehmen und überlegen, wie es besser gehen könnte.
2. Mit ein paar Handstichen heften
Manchmal, wenn’s sehr eng ist unter der Nähmaschine und die Stecknadeln und Klammern stören, dann hefte die Teile doch erst mal mit ein paar groben Handstichen zusammen. Das kann sehr hilfreich sein. Das ist jetzt wahrlich kein Geheimtipp, aber irgendwie hat es bei mir auch eine Weile gedauert, bis ich darin eine Option gesehen habe. Vielleicht weil ich so ungern von Hand nähe.
Den 3 cm breiten Träger habe ich so genäht, wie ich es in meinem Tutorial erkläre. Verstärkt mit H 630. Auch ein bisschen zu gut gemeint, aber im Endeffekt passend zur dick gepolsterten Kurventasche. Bei der nächsten würde ich den Taschenstoff für die Träger ohne Volumenvlies wie Schrägband falten und absteppen. Die Trägerlänge von 70 cm ist für mich optimal. Ich kann sie bequem über der Schulter tragen oder in der Hand, ohne dass sie auf dem Boden schleift.
Den innenliegenden Reißverschluss trage ich gerne sichtbar nach oben gedrückt, so dass auch das Endstück herausschaut. Das gefällt mir so und ist praktisch.
Eigentlich kann ich es immer noch nicht fassen, dass ich die Kurventasche tatsächlich zu Ende gebracht habe und dass sie mir so gut gefällt. Zwischendrin sah es wirklich so aus, als hätte ich mir mit den vielen dicken Lagen unüberwindbar ein Bein gestellt. Aber ich habe im wahrsten Sinne des Wortes doch noch die Kurve gekriegt.
Ich bin sehr happy mit meiner neuen Handtasche. Es klappt sogar noch, dass ich sie zur Linkparty bei Emmas Taschenspieler-Sew-Along schicken kann. Außerdem verlinke ich sie bei den DienstagsDingen, Evelyns Taschen & Täschchen und natürlich bei Handmade on Tuesday.