Wie der Zahn der Zeit an einer Kissenhülle nagte

Heute mache ich mal etwas sehr Ungewöhnliches. Ich zeige dir nichts Hübsches, Feines, etwas, das ich neu genäht habe. Nein, ich präsentiere eine Kissenhülle, die früher mal sehr hübsch war, aber nach acht Jahren intensivem Gebrauch abgenutzt, verblasst und verschlissen ist. An der der Zahn der Zeit genagt hat. Warum ich das mache? – Ich finde, daraus lässt sich viel lernen.

Für mich ist es sehr interessant, Dinge, die ich vor langem genäht und verschenkt habe, wieder in die Hände zu bekommen, um sie zu begutachten. Haben meine Nähte gehalten? Welcher Stoff war von guter Qualität? Welcher hat nicht so viel getaugt? Welche Farben sind besonders stark verblasst? Wie haben sich die Farben verändert? Total interessant!

„Guck mal, kannst du das flicken?“, fragte der Heimwerkerkönig augenzwinkernd, als er mir die Zwergen-Kissenhülle in die Hand drückte. Beim Anblick des Risses im morschen Stoff haben wir herzhaft gelacht. „Auweia! Höchste Zeit, dass ich dir da mal was Neues nähe.“

Fun Fact: Ich hatte ihm bereits ein neues Kissen genäht, das Bear Paw Kissen. Das ist aber „zu schön“ zum Benutzen und sitzt deshalb im Wohnzimmer als Zierkissen herum. So blieben die Gartenzwerge also noch ein bisschen länger in Gebrauch. Als die Kissenhülle aber nach der letzten Wäsche einen Riss bekam, war klar: Finito! Jetzt hat sie endgültig ausgedient.

So verändern sich Stoffe in acht Jahren

Zu Hause habe ich die Kissenhülle genau unter die Lupe genommen. Mittlerweile weiß ich ja, dass Licht der größte Feind für Stoffe ist, es lässt sie stark verblassen, aber diese Kissenhülle wurde obendrein noch sehr viel gewaschen. Da wird jedes Mal ein bisschen Farbe aus dem Stoff gewaschen. Von den meisten Stoffen habe ich noch Reste, so dass ich sie danebenlegen und gut vergleichen kann. Der Unterschied ist frappierend!

Wahnsinn, wie sich die Farben verändert haben!

Besonders krass hat sich der weiß-türkise Chevron-Stoff verändert. Die türkisen Zickzack-Streifen lassen sich nur noch erahnen. Was man auch schön sieht: Grüne Stoffe haben die Tendenz, gelb zu werden. Die Erfahrung habe ich leider schon beim 365-Tage-Quilt gemacht. Auch die roten, pinkfarbenen Stoffe haben gelitten. Die Stoffe, die ich hier verwendet habe, stammen übrigens von verschiedenen Herstellern: Riley Blake, Farbenmix, Hilco, Swafing und Rowan Fabrics.

Die Stoffe sind natürlich auch sehr dünn geworden und fühlen sich vom vielen Waschen samtig weich an. Besonders der Zwergenstoff in der Mitte, der eh schon recht dünn war. Hinzukommt, dass jahrelang ein Kopf darauflag, der sich hin- und herbewegte und dabei den Stoff abwetzte.

Der Stoff ist unterhalb der Naht gerissen.

Haben die Nähte gehalten?

Dass Stoffe mit der Zeit Farbe verlieren, lässt sich nicht verhindern, aber wie sieht es mit den Nähten aus? Erfreulicherweise haben alle meine Nähte gehalten. Der Stoff ist einen halben Zentimeter unterhalb der Naht gerissen. (Der Heimwerkerkönig hat dann aus Spaß extra noch ein bisschen weitergerissen, war ja eh schon kaputt, deshalb ist der Riss so lang.)

Mich bestätigt das in meiner Überzeugung, dass auseinandergebügelte Nahtzugaben kein Problem darstellen. Vielleicht hast du auch schon mal gehört, dass Nahtzugaben, die auseinandergebügelt werden, angeblich nicht so haltbar sein sollen. Das kann ich nicht bestätigen. Diese Kissenhülle wurde acht Jahre lang stark beansprucht und die Nähte sind immer noch top. Ich hatte damals Polyestergarn verwendet.

Sind offene Stoffkanten ein Problem?

Als ich die Zwergen-Kissenhülle 2015 nähte, hatte ich noch nicht viel Patchworkerfahrung. Ich bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, die Vorderseite auf ein Vlies zu quilten oder weißen Stoff zu hinterlegen, um die offenen Stoffkanten der Nahtzugaben zu verdecken. Ich war Anfängerin und sah kein Problem darin, innen offene Stoffkanten zu haben. Sieht doch keiner! Und im Grunde ist es auch kein Problem.

Nach vielen Runden in der Waschmaschine sind die Nahtzugaben leicht ausgefranst.

Klar sind die Stoffkanten durch das viele Waschen 1 bis 2 Millimeter ausgefranst, und das sieht nicht so schön aus. Mir persönlich ist das eher wurscht, wie’s innen aussieht. Natürlich kann man das Argument vorbringen, dass die Stoffe nicht so schnell morsch geworden wären, wenn ich die gepatche Vorderseite mit einem Vlies verstärkt hätte. Das mag sein. Aber bevor das passiert, bevor die Stoffe abgewetzt sind und reißen, sind die Farben längst so unansehnlich geworden, dass man die Kissenhülle eh schon ausrangiert hat. Außerdem wird ein Kissen ohne Vlies von vielen als kuscheliger und anschmiegsamer empfunden. Es hat alles Vor- und Nachteile. Eigentlich wäre das ein Thema für einen ganz eigenen Blogartikel.

Mein Fazit

Wenn ich diese acht Jahre alte Kissenhülle betrachte, kann ich nichts entdecken, das ich falsch gemacht hätte. Die Schwachstelle ist der Stoff, der sich im Laufe der Zeit einfach abnutzt, verblasst, fadenscheinig und morsch wird. Der größte Feind ist das Licht. Dagegen lässt sich kaum etwas machen. Außer in einen dunklen Schrank sperren und nicht benutzen. Aber wer will das schon? Ich sehe es gerne, wenn meine genähten Geschenke intensiv genutzt und so lange geliebt werden, bis sie irgendwann zerfallen. Es führt mir allerdings auch die Vergänglichkeit meiner handgemachten Werke vor Augen und erinnert mich daran, dass alles irgendwann einmal im Müll landet. Manchmal schon nach acht Jahren.

Beim nächsten Mal zeige ich dir die neue Kissenhülle für den Heimwerkerkönig. Ich habe wieder ein Patchworkkissen genäht, aus tollen Stoffen von Zen Chic. Schön frisch und strahlend neu.

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8 Kommentare

  1. Vielen Dank fürs Zeigen und Vergleichen deiner Kissenhülle. Meistens bekommt man ja die verschenkten Sachen nicht wieder zurück zum Vergleich. Ich habe aber bei meinem ersten Quilt für meine Tochter die gleich Erfahrung gemacht. Der Stoff wird durchs Waschen und den Gebrauch (Abrieb und Licht) sehr beansprucht und reißt mit der Zeit. Eigentlich nicht direkt an der Naht sondern woanders. Ich konnte den Quilt mit einem neuen Binding und ein paar Patches wieder frisch machen. Es war ja auchnoch ein Vlies drunter, der es gehalten hat. Bei einem Kissen wäre ein ganz dünnes Vlies und etwas quilten vielleicht noch eine Überlegung wert. Über das neue Kissen freut sich der Heimwerkerkönig bestimmt auch sehr. Liebe Grüße von Lexi

    • Hallo Lexi!

      Das finde ich sehr interessant, dass du ganz ähnliche Erfahrungen gemacht hast. In den letzten Jahren habe ich eigentlich immer ein Vlies dahintergebügelt. Allerdings bin ich von H 630 ganz abgekommen. Beim Tall Tales Kissen habe ich es mal mit Baumwoll-Molton versucht. Das ist auf jeden Fall weicher als Polyestervlies und gefällt mir ganz gut.

      Auch die Vorderseite zweilagig zu nähen, also dünnen, weißen Stoff dahinterzulegen, finde ich eine gute Option. Allerdings frage ich mich doch, ob sich der Aufwand und das zusätzliche Material wirklich lohnen, wenn das Verblassen der Stoffe das eigentliche Problem ist. Auch Abrieb findet trotzdem statt. Eine gequiltete Kissenhülle hat natürlich optisch ihren Reiz, aber ob es auch die Lebensdauer verlängert?

      Liebe Grüße
      Katharina

  2. Was für ein spannender und interessanter Beitrag. Schon witzig wie sehr manche Stoffe sich verändern und manche doch fast die Ausgangsfarbe behalten.
    Ein so geliebtes Kissen darf aber auch seine Tragespuren haben, es wurde viel genutzt und wenn der Besitzer nun ein neues bekommt, wird er sich sehr freuen. *G*
    Liebe Grüße zu Dir
    Manu

    • Hallo Manu!

      Das freut mich sehr, dass dir mein Beitrag gefallen hat. Da hast du recht: Ein Kissen, das viel genutzt und geliebt wurde, darf auch Spuren zeigen. Das neue Kissen habe ich schon überreicht und wurde sofort ins Herz geschlossen. Demnächst zeige ich es hier im Blog… und vielleicht noch mal in acht Jahren. 😉

      Liebe Grüße
      Katharina

  3. Ein spannender Vergleich! Mit den Farben ist das ja so eine Sache – ich habe z.B. eine Küchenschürze, von der mir mal ein Stoffrest in die Hände gefallen ist, das war auch sehr interessant zu sehen, wie leuchtend die Farben mal waren.
    Aber die Sachen sind eben zum Benutzen da.
    Hier liegt noch ein Kissen von meiner Omi aus so China-Jacquard, das sich inzwischen tatsächlich in seine Einzelteile auflöst, das ist aber auch viel älter als 8 Jahre. Nur trennen kann ich mich davon noch nicht 😀

    • Ja, seufz… Nichts bleibt für die Ewigkeit. Auch unsere selbstgenähten Sachen sind vergänglich. Aber du hast absolut recht: Die Sachen sind zum Benutzen da. Danke für deinen Kommentar, liebe Nria!

      Liebe Grüße
      Katharina

  4. Ich finde es ganz schön erschreckend, dass diese teueren Patchworkstoffe nur acht Jahre starken Gebrauch aushalten. Ich hatte Bettwäsche von meiner Großtante, die diese schon gut 20 Jahre in Gebrauch hatte. Bei mir waren die Bezüge und Laken noch weitere 20 Jahre in Gebrauch, bevor sie ihren Geist aufgaben und morsch wurden. Und ich habe sie viel und regelmäßig benutzt. Soviel zur Qualität von Stoffen. Das ging schon mal besser, möchte ich behaupten. Zu den Farben kann ich nichts sagen, da es sich um weiße Bettwäsche handelte. Dass Farben auswaschen und verblassen ist leider so, besonders bei Naturfasern und ganz besonders bei Rot.

    • Liebe Sabine,

      ehrlich gesagt hat es mich auch erschreckt, wie schnell die Farben verblassen, selbst bei sehr teuren Patchworkstoffen. Der Preis sagt noch nichts über die Qualität des Druckverfahrens aus. Ich glaub’s tatsächlich auch, dass Stoffe früher haltbarer waren. Ich möchte gerne mal einen Quilt mit Westfalenstoffen nähen. Der Hersteller „Westfalenstoffe“ wirbt ja mit sehr hohen Qualitätsstandards made in Germany. Angeblich sollen diese Stoffe nicht so schnell ausbleichen.

      Liebe Grüße
      Katharina

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